Ein Kind ist für ein Liebespaar das größte Glück. Der kleine Mensch sollte die Vervollkommnung der Liebe zwischen den beiden Partnern darstellen sowie ihre gegenseitige Liebe stärken. Aber manchmal passiert genau das Gegenteil: Das Kind stört die stabile Paarbeziehung – es kommt zu größeren Problemen, welche es vorher überhaupt nicht gegeben hat.
Ursachen für die Beziehungskrise nach der Geburt
Ein neugeborenes Baby ändert plötzlich den strukturierten Alltag zu zweit und es beginnt das Familienleben. Eine große Umstellung für die Eltern:
- Sie haben eine Menge zu tun
- Eine immense Verantwortung lastet auf ihren Schultern
- sie sind einfach erschöpft.
In meine Praxis kommen immer mehr Paare, die dadurch eine große und oft ihre erste ernsthafte Krise erleben. Am Anfang der Therapie ich erkläre beiden Partnern, dass diese Probleme ganz natürlich sind und nicht aus dem Nichts entstanden sind. Zu diesen typischen Beziehungsproblemen nach der Geburt gehören vor allem:
Starke Mutter-Kind-Bindung
Die Mutter-Kind-Bindung ist die erste Beziehung im Leben eines Menschen. Sie beginnt bereits im Mutterleib und wird stärker, wenn das Kind auf die Welt kommt. Diese natürliche Verbundenheit bewirkt, dass die Mütter sehr sensibel auf die Bedürfnisse ihres Kindes reagieren und die Hilfe von den Vätern oft ablehnen. Der Mann fühlt sich dadurch überflüssig und nutzlos.
Streitigkeiten im Bett
In den ersten Wochen nach der Geburt erleben die Mütter starke emotionale Schwankungen, was den hormonellen Veränderungen zu verdanken ist. Sie haben auch ein ganz anderes Körpergefühl und brauchen Zeit, um in die Vor-Schwangerschafts-Figur schlüpfen zu können. In der Übergangszeit fühlen sich viele Mütter unattraktiv und haben weniger Lust oder gar keine Lust auf Sex. Sie vernachlässigen ihren Partner, so dass er sich nicht mehr wie ein echter Mann fühlt.
Müdigkeit und Stress
Für die Beziehungsprobleme nach der Geburt sind in großem Maße Stress und Schlafmangel verantwortlich. Vor der Entbindung hatten die beiden Partner nur Zeit für sich selbst: Sie konnten zusammen essen gehen oder spontan einen Ausflug machen. Seitdem das Kind auf der Welt ist, hat sich alles völlig verändert. Das Kind braucht Zuwendung und Pflege rund um die Uhr. Das Baby führt die Eltern meistens an den Rand der totalen Erschöpfung.
Fehlendes Verständnis für den Partner
Der eine Partner geht arbeiten und der andere passt zu Hause auf das Kind auf. Der/die Partner/in, die die Kinderbetreuung übernimmt, fühlt sich den ganzen Tag zu Hause sehr oft einsam und sich selbst überlassen. Sowohl der Mann als auch die Frau warten sehnsüchtig auf den Abend, um sich ein bisschen zu erholen. Beide denken, dass der andere jetzt für das Kind da sein wird. Ihre Erwartungen gehen aneinander vorbei und der Streit ist vorprogrammiert.
Aus der Notlage herauskommen
In meinem Paarcoaching bzw. in meiner Eheberatung versuche ich meinen Klienten bewusst zu machen, dass Kinder keine Beziehungskiller sind. Stress, Müdigkeit, Probleme im Bett werden bald ihr Ende haben. Beide Partner müssen geduldig sein, Kompromisse schließen und einen sinnlosen Streit vermeiden. Wichtig ist es, dabei zu unterscheiden, wann die Abgeschlagenheit ihre Emotionen beeinflusst und sie diese, in den meisten Fällen unbewusst, an Ihrem Partner abreagieren. Das Bewusstsein für eigene Gefühle ist in dem Moment entscheidend.
Neue Lebensetappe akzeptieren
Die Krise nach der Geburt bedeutet nicht, dass sich zwei Leute nicht mehr lieben. Beide Partner sind immer noch enorm wichtig füreinander und wollen den anderen unterstützen. Sie sollten sich einfach damit abfinden, dass sie weniger Zeit für die Zweisamkeit haben. Das Leben mit Kind ist ein neuer Anfang, der aber außer Tiefen auch Höhen hat. Die Krise nach der Geburt lässt sich überwinden, indem der Mann und die Frau in der ganzen Alltagshektik einen Augenblick finden, in dem sie wirklich zu zweit sind und sich z.B. Zärtlichkeiten schenken oder ganz einfach miteinander reden.
Probleme nicht verschweigen
Sprechen Sie über Ihre Gefühle und Emotionen, bevor sie zu Problemen werden. Machen Sie sich gegenseitig keine Vorwürfe, sondern schenken sich Wertschätzung und hören Sie dem Anderen zu. Nehmen Sie sich Zeit für ein konstruktives Zwiegespräch und schieben Sie dieses nicht nach hinten, weil es gerade was Wichtigeres zu tun gibt. Warten Sie nicht, bis der/die Partner/in mit dem Gespräch startet, sondern fragen Sie ihn/sie, wie es ihm/ihr so geht, was ihn/sie traurig macht. Auf diese Weise haben Sie die Möglichkeit, störende Dinge frühzeitig zu erkennen und den gemeinsamen Nenner zu finden.
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