Wenn Partner ständig streiten, miteinander nicht vernünftig reden können oder sich betrügen, kann die so genannte Trennung auf Zeit sinnvoll sein. Diese Beziehungspause muss keineswegs immer eine Scheidung bedeuten, sondern kann auch eine Chance zum Neubeginn sein. Die wichtigste Voraussetzung dabei ist, dass beide Partner daran arbeiten. Was für Vor- und Nachteile solch eine Trennung auf Probe hat, bringe ich Ihnen im Folgenden näher.
Das Zusammenleben innerhalb der Beziehung funktioniert nicht mehr
Ein einfaches Beispiel aus meiner Praxis (die Namen wurden geändert): Marcus hat seine Frau betrogen. Sandra ist nach diesem Seitensprung am Boden zerstört. Sie fühlt sich verletzt und ist wütend. Sie kann die Anwesenheit ihres Mannes nicht mehr ertragen und überlegt sich im Moment, ihn zu verlassen. Sie liebt ihn noch und will nicht zu schnell eine Entscheidung über die Scheidung treffen. Sie braucht eine räumliche Trennung für einige Wochen, um zur Ruhe zu kommen und eine Lösung zu finden.
Trennung als Hoffnung für Neuanfang
Wenn ich meinen Klienten in meiner Eheberatung die Trennung auf Zeit als gute Alternative vorstelle, wundern sie sich häufig und sind der Meinung, dass dies das endgültige Ende bedeuten würde. Dabei kann die räumliche Distanz in Krisensituationen Gold wert sein, wenn das tägliche Leben zu zweit unerträglich wird.
Für krisengebeutelte Ehen ist die Trennungszeit jedoch in vielen Fällen die Rettung vor Scheidung. Diese Methode kann das geeignete Mittel zum Zweck sein, wenn:
- die Trennung nicht weniger als sechs Wochen und nicht mehr als sechs Monate dauert
- der Ausweichort keine gemeinsame Wohnung ist
- der Kontakt zwischen den Partnern erhalten bleibt (z.B. in Form täglicher Treffen an einem neutralen Ort)
- die Kinder-Betreuung vorher abgestimmt wird
- die zusätzlichen Kosten für den Auszug fair aufgeteilt werden.
Der Neuanfang bedeutet Arbeit
Das glückliche Ende kommt nicht von sich alleine. Sowohl der Mann als auch die Frau dürfen in der Zeit nichts vortäuschen, sondern sollten über eigene Fehler und Schwächen ehrlich nachzudenken. In einer Paartherapie haben Sie die Möglichkeit, mit dem Therapeuten die Wurzeln und Gründe der Konflikte/Krise zu besprechen, um das Ganze nochmal in Einzelgesprächen zu verarbeiten.
Entscheidend dabei ist, dass beide Partner zu einem Therapeuten gehen, ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Partnerschaft scheitert, sehr hoch. Ich mache meinen Klienten darauf aufmerksam, dass die Trennung selbst keine Probleme löst. Mit dem räumlichen Abstand verhindert man aber, dass sich die ungünstige Situation noch zuspitzt. In der Sitzung finden wir gemeinsam von beiden Partnern heraus
- In welchen Situationen sie glücklich waren
- Warum sie genau diesen/die Partner/in heiraten wollten
- Was sie am anderen Partner anziehend fanden
- Welche destruktive Beziehungsmuster sich eingeschlichen haben
- Von was sich die Partner „eigentlich“ Trennen wollen
- Welche Verhaltensweisen besser für die Partnerschaft wären
Mit diesen Fragen und weitergehenden, klärenden Fragen wird den Partnern bewusst, ob und wie sehr sie sich lieben – und was für bzw. gegen ihre Gefühle spricht.
Nachteile einer Trennung auf Zeit
Die Trennungszeit endet nicht in jedem Fall gut. Es besteht immer die Gefahr, dass sich die Partner in der Zeit weiter auseinanderleben oder z.B. nur negative Erfahrungen im Kopf haben. Je nachdem, wie schwer der/die Partner/in verletzt wird, lassen sich manche Verletzungen zwar vergessen, aber nicht immer verzeihen. Wenn das gefühlte Alleinsein der Grund für die Trennung auf Zeit war, dann ist die Partnerschaft/Ehe manchmal nicht mehr zu retten.
Aber alles ist möglich: Wenn beide ehrlich ihre Beziehungsprobleme lösen wollen, dann stehen die Chancen für ein gutes Gelingen immer gut – nämlich dann, wenn beide in der Trennungsphase lernen, ihre Probleme zu benennen und gemeinsame Lösungen zu finden.
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