Fast jede Scheidung ist wie ein Drama zweier Schauspieler, das Kinder, Familie und Freunde mit ansehen müssen. Psychologen vergleichen es mit einer Art Trauer. Ist es möglich, sich einvernehmlich scheiden zu lassen oder muss es immer ein Rosenkrieg sein? Natürlich gibt es auch friedliche Scheidungen – aber nur, wenn sowohl der Mann als auch die Frau das wollen und daran arbeiten.
Beziehungsaus als Anfang sehen
„Ich bin seit 25 Jahren verheiratet. Die Söhne sind schon erwachsen. Ich habe mit meinem Mann eine gemeinsame Firma und ein gemeinsames Haus – und das ist das Einzige, was uns noch verbindet. Es gibt keine Liebe mehr. Wir leben in einem Haus, aber wir teilen weder Tisch noch Bett miteinander. Ich hab mir das Leben interessant organisiert, aber ich habe mich sehr einsam gefühlt. Ich will nicht alleine sein, aber ich kann nichts machen. Ich weiß, dass Liebe das Wichtigste ist. Gleichzeitig bin ich verzweifelt und zum Entschluss gekommen, dass ich ihn nach so vielen Jahren verlasse.“
Geschichten wie diese höre ich leider relativ oft in meiner Praxis. Tatsache ist: Wenn Sie sich scheiden lassen wollen und das Gefühl haben, wirklich alles was möglich ist, getan zu haben, dann warten Sie nicht ewig, sondern tun Sie es im richtigen Moment! Je länger Sie mit der Entscheidung warten, desto geringer ist die Chance auf einen friedlichen Ausgang. Zwingen Sie sich auf keinen Fall, z.B. wegen der Kinder die Beziehung das tausendste Mal zu retten. Das ist ein Weg ins Nirgendwo – dagegen kann die Scheidung ein Licht am Ende des Tunnels sein.
Die Reise ins Innere der Seele
Ziehen Sie Rückschlüsse aus der vergangenen Beziehung und fragen Sie sich, welche Einstellung Sie mit auf den Weg nehmen. Sollten Sie der Meinung sein, dass Sie alles nur kaputt gemacht haben, besteht die Gefahr, dass Sie negativ geladen eine neue Liebe anfangen und schädliche Verhaltensmuster automatisch wiederholen.
Konzentrieren Sie sich lieber darauf, was schön war und behalten Sie es in guter Erinnerung. Überlegen Sie sich ebenfalls, in welchem Maße Sie und Ihr Partner/Ihre Partnerin die Verantwortung für das Liebesaus tragen. Es gibt keinen allein Schuldigen, weil Mann und Frau zusammen eine Partnerschaft bilden. Diese Reise ins Innere ist eine Investition in eine glückliche Zukunft.
Eine gemeinsame Sache
Eine Scheidung ist immer schwierig – nicht nur deswegen, weil sich zwei Leute voneinander trennen, sondern auch, weil eine Menge Papierkram zu erledigen ist: Gemeinsames Haus, vielleicht sogar gemeinsames Unternehmen mit Kundenbetreuung – das alles müssen Sie voneinander trennen, und genau das macht vielen die größten Schwierigkeiten.
In dieser Phase vergessen viele Ehe-Paare, dass es dabei nicht ausschließlich um sie geht. Haus und Firma lassen sich natürlich teilen, aber Kinder, gemeinsame Freunde und Familie nicht. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Regeln des „Zusammenlebens“ mit Kindern und Familie festzulegen, damit alles trotz Scheidung wieder funktioniert.
Ins Gericht mit Zettel
Die Scheidungsverhandlung ist eine sehr schmerzhafte Phase einer Trennung. Es ist keineswegs einfach, vor fremden Leuten zu stehen und über intime Dinge zu sprechen. Auch wenn Emotionen bis zu diesem Zeitpunkt nachgelassen haben, können sie sich leider wieder im Gerichtssaal durchsetzen. Bereiten Sie sich deswegen darauf vor und schreiben Sie sich alles auf, was Sie sagen wollen. Vergessen Sie dabei nicht, dass Sie das alles dem Richter erzählen müssen – und nicht Ihrem Ex-Partner/Ihrer Ex-Partnerin.
Positive Aspekte der Scheidung finden
Damit Sie sich mit der neuen Situation besser abfinden, empfehle ich Ihnen, die positiven Seiten der Trennung zu entdecken. Natürlich passiert das nicht sofort. Aber wenn die Trauer-Phase vorbei ist, lohnt es sich zu sagen, dass es eine gute Entscheidung war.
Bei vielen Menschen muss nach der Scheidung das Selbstvertrauen wieder aufgebaut werden. Dabei helfen schon kleine Sachen wie ein Besuch im Friseursalon, neue Hobbies oder sich seiner Stärken und Fähigkeiten wieder bewusst zu werden. Dazu können Sie eine kleine Übung machen, nämlich Ihre 50 Stärken einmal aufzuschreiben und sich diese immer wieder durchzulesen. Wenn Ihnen keinen 50 einfallen, fragen Sie Ihre Freunde oder Familie. Wiederholen Sie sich auch so oft wie möglich, dass Sie ein wertvoller Mensch sind. Räumen Sie in Ihrem Leben gründlich auf, bevor Sie eine neue Lebensetappe starten!
Bild 2: © Fotolia, vuralyavas, Nr. 144323960
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